Beschluss: Mehrfachbeschluss

Sachverhalt:

Die Realsteuerhebesätze des Marktes Schneeberg sind seit mehreren Jahrzehnten unverändert geblieben. So wurden die Hebesätze für die Grundsteuern A und B letztmals vor 22 Jahren zum 01.01.1994 von 280 v.H. auf 300 v.H. erhöht. Die letzte Erhöhung des Gewerbesteuersatzes, ebenfalls von 280 v.H. auf 300 v.H., erfolgte bereits vor 37 Jahren zum 01.01.1979.

 

Im Laufe dieser Zeit wurden seitens des Marktes Schneeberg zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der gemeindlichen Infrastruktur und der örtlichen Lebensverhältnisse durchgeführt. Beispielhaft sind hier zu nennen:

·      Bau des Dorfwiesenhauses,

·      Sanierung und Neubau von Dorfgemeinschaftshäusern in den Ortsteilen Hambrunn und Zittenfelden,

·      Erschließung der Baugebiete „Roscheklinge“ und „Sommerberg II“,

·      Generalsanierung und Erweiterung des Kindergartens „Regenbogen“,

·      Verbesserung der Breitbandversorgung,

·      Geräte- und Fahrzeugausstattung der örtlichen Feuerwehren,

·      Modernisierung der Straßenbeleuchtung

·      Unterhaltung und Erneuerung der sieben Kinderspielplätze

·      Pflege der weitverzweigten Wanderwege

 

Hinzu kommen hohe Ausgaben im Bildungsbereich durch die Sanierung der Grund- und Mittelschule in Amorbach, an denen der Markt Schneeberg durch die Schulverbandsumlage langfristig mitzutragen hat.

 

Für all diese Maßnahmen, insbesondere die daraus entstehenden Folgekosten, stehen neben staatlichen Zuschüssen für deren erstmalige Anschaffung bzw. Errichtung keine weiteren Einnahmen im Haushalt der Gemeinde zur Verfügung. Sie sind aus eigenen Steuermitteln bzw. aus den zugeteilten Mitteln des Finanzausgleichs zu finanzieren und unterliegen dadurch nicht unerheblich den dabei auftretenden Schwankungen.

 

Im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs ist zum 01.01.2016 eine für die Kommunen bedeutende Veränderung eingetreten. Bisher betrugen die Nivellierungshebesätze zur Ermittlung der gemeindlichen Umlagekraft bei den Grundsteuern A und B jeweils 250 % und bei der Gewerbesteuer 300 %. Das bedeutete, dass alle Realsteuereinnahmen oberhalb dieser Nivellierungssätze bei der Berechnung der Umlagekraft außer Ansatz blieben.

Zum 01.01.2016 wurden diese Nivellierungshebesätze einheitlich auf 310 % angehoben. Außerdem werden 10 % der Steuereinnahmen, die die Nivellierungshebesätze übersteigen, erstmals bei der Umlagekraftberechnung berücksichtigt. Für den Markt Schneeberg, der derzeit bei allen drei Realsteuern unter diesen Nivellierungssätzen liegt, bedeutet das, dass in die Berechnung der gemeindlichen Umlagekraft Einnahmen einfließen, welche die Gemeinde gar nicht erhalten hat und die Gemeinde somit zum Teil Kreisumlage für nicht zugeflossene Einnahmen bezahlt.

 

Um eine derartige „fiktive“ Umlagefinanzierung zu vermeiden und zur nachhaltigen Mitfinanzierung der aus den gemeindlichen Infrastrukturmaßnahmen resultierenden Folgekosten, welche sich durch die jährlichen Inflationsraten stetig erhöhen, schlägt die Kämmerei vor, die Realsteuerhebesätze, welche im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte zum Teil erheblich unter die jeweiligen Landesdurchschnittswerte abgesunken sind, um jeweils 30 Prozentpunkte auf 330 v.H. zu erhöhen. Dies entspricht aus finanzieller Sicht einer 10-prozentigen Erhöhung der jeweiligen Steuern und würde nach den momentanen Haushaltszahlen der Gemeinde jährliche Mehreinnahmen in Höhe von ca. 30.000 € einbringen.

 

Mit dieser Erhöhung läge der Markt Schneeberg bei den Grundsteuern immer noch deutlich unter den Landesdurchschnittssätzen vergleichbarer Gemeinden (Grundsteuer A: 362,7 v.H.; Grundsteuer B: 343,4 v.H.) und landkreisweit bei allen drei Realsteuern im unteren Bereich der umliegenden Kommunen sowie der von der Größe her vergleichbaren Kommunen.

 

Die Auswirkungen auf die Grundstücksbesitzer erscheinen vertretbar. Die jährliche Steuerbelastung für ein durchschnittliches Wohngrundstück, die sich derzeit zwischen 100 € und 150 € bewegt, würde sich um 10 – 15 € erhöhen.

Die Gewerbesteuerbelastung bei Kapitalgesellschaften würde sich ebenfalls um 10 % erhöhen, während die Hebesatzerhöhung Privatpersonen und Personengesellschaften aus steuerrechtlichen Gründen keine finanziellen Nachteile bringen würde. Bis zu einem Gewerbesteuerhebesatz von 380 v.H. entstehen Personengesellschaften keine steuerlichen Gesamtmehrbelastungen.

 

Die vorgeschlagene Erhöhung der Realsteuerhebesätze nach nunmehr mehr als 22 bzw. 37 Jahren würde insbesondere dazu beitragen, die künftige finanzielle Mehrbelastung aus den Schulverbandsumlagen teilweise auszugleichen und langfristig die gewohnten und notwendigen finanziellen Spielräume im Haushalt zu erhalten.

 


Beschluss:

Der Marktgemeinderat beschließt, die Hebesätze für die Grundsteuern A und B ab 01.01.2017 auf 330 v.H. des jeweiligen Messbetrages festzusetzen.

 

Abstimmungsergebnis:       Ja 7     Nein 5

 

 

Der Marktgemeinderat beschließt, den Hebesatz für die Gewerbesteuer ab 01.01.2017 auf 330 v.H. des jeweiligen Messbetrages festzusetzen.

 

Abstimmungsergebnis:       Ja 9     Nein 3


Diskussionsverlauf:

Gemeinderätin Marita Loster erklärt, dass sie bei der Gewerbesteuer einer Hebesatzerhöhung auf 330 v.H. zustimmen könne, spricht sich aber bei den Grundsteuern aufgrund der angepassten Nivellierungshebesätze lediglich für eine Erhöhung der gemeindlichen Hebesätze auf 310 v.H. aus. Sie sieht eine Ursache der vorgeschlagenen Erhöhung neben den dargestellten gemeindlichen Pflichtaufgaben auch in der Infrastrukturmaßnahme „Dorfgemeinschaftshaus Zittenfelden“, wo künftig jährliche Unterhaltungskosten auf die Gemeinde zukommen. Vorrangige Infrastrukturmaßnahmen stellen für sie aber die Wasserversorgung und Entwässerung dar. Während für freiwillige gemeindliche Maßnahmen seitens der Fachbehörden reichliche Zuschüsse fließen, finde im Bereich der Wasserversorgung und Entwässerung derzeit keine staatliche Subventionierung mehr statt, so dass die entstehenden Fehlbeträge komplett durch Beitrags- und Gebühreneinnahmen der Bürger ausgeglichen werden müssen. Auch teilt sie nicht das Argument, dass die Gemeinde mit ihren derzeitigen Realsteuerhebesätzen deutlich unter den Landesdurchschnittssätzen liegt. Die hohen Durchschnittssätze resultieren nämlich zu einem nicht unerheblichen Teil daraus, dass die Kommunen, welche Stabilisierungshilfen erhalten, durch Auflagen der Aufsichtsbehörden gezwungen sind, ihre Hebesätze deutlich anzuheben und dadurch die Durchschnittswerte unaufhörlich in die Höhe getrieben werden.

 

Gemeinderat Kurt Lausberger betont, dass für ihn die gemeindlichen Pflichtaufgaben im Vordergrund stehen. Er tue sich mit der Zustimmung zu einer Hebesatzerhöhung schwer, solange die Gemeinde jährlich fünfstellige Beträge für Maßnahmen anderer Kommunen zur Verfügung stellt.

 

Gemeinderat Speth bringt zum Ausdruck, dass in den zurückliegenden Jahren viel in die örtliche Infrastruktur investiert und dadurch Werte geschaffen wurden. Um der nächsten Generation eine Chance zu geben, müssen wir bereit sein, diese Maßnahmen zu finanzieren. Er bevorzuge aber eine Erhöhung der Hebesätze in kleineren Schritten und kürzeren Abständen.

 

Mehrere Gemeinderäte äußern sich ähnlich und sprechen sich für eine Erhöhung in geringerem Umfang aus, damit auf die Bürger keine zu großen finanziellen Belastungen zukommen.

Bürgermeister Kuhn erinnert daran, dass die Ansprüche der Bürger an die Gemeinde in den letzten Jahren sehr stark gestiegen sind und Gemeindekämmerer Grießer macht darauf aufmerksam, dass eine Hebesatzerhöhung insbesondere bei den Grundsteuern mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden ist, da jedem der über 1000 Grundstückseigentümer ein neuer Bescheid zugestellt werden muss. Bei einer Erhöhung um lediglich 10 %-Punkte stünde der Verwaltungsaufwand nicht im Verhältnis zum Ertrag.

 

Gemeinderat Thomas Haas bittet abschließend darum, über die Hebesatzerhöhungen für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer getrennt abzustimmen.