Sitzung: 11.05.2016 Gemeinderat
Beschluss: Mehrfachbeschluss
Sachverhalt:
Die Realsteuerhebesätze des Marktes
Schneeberg sind seit mehreren Jahrzehnten unverändert geblieben. So wurden die
Hebesätze für die Grundsteuern A und B letztmals vor 22 Jahren zum 01.01.1994
von 280 v.H. auf 300 v.H. erhöht. Die letzte Erhöhung des Gewerbesteuersatzes,
ebenfalls von 280 v.H. auf 300 v.H., erfolgte bereits vor 37 Jahren zum
01.01.1979.
Im Laufe dieser Zeit wurden seitens des
Marktes Schneeberg zahlreiche Maßnahmen zur Verbesserung der gemeindlichen
Infrastruktur und der örtlichen Lebensverhältnisse durchgeführt. Beispielhaft
sind hier zu nennen:
·
Bau des
Dorfwiesenhauses,
·
Sanierung
und Neubau von Dorfgemeinschaftshäusern in den Ortsteilen Hambrunn und
Zittenfelden,
·
Erschließung
der Baugebiete „Roscheklinge“ und „Sommerberg II“,
·
Generalsanierung
und Erweiterung des Kindergartens „Regenbogen“,
·
Verbesserung
der Breitbandversorgung,
·
Geräte-
und Fahrzeugausstattung der örtlichen Feuerwehren,
·
Modernisierung
der Straßenbeleuchtung
·
Unterhaltung
und Erneuerung der sieben Kinderspielplätze
·
Pflege
der weitverzweigten Wanderwege
Hinzu kommen hohe Ausgaben im Bildungsbereich
durch die Sanierung der Grund- und Mittelschule in Amorbach, an denen der Markt
Schneeberg durch die Schulverbandsumlage langfristig mitzutragen hat.
Für all diese Maßnahmen, insbesondere die
daraus entstehenden Folgekosten, stehen neben staatlichen Zuschüssen für deren
erstmalige Anschaffung bzw. Errichtung keine weiteren Einnahmen im Haushalt der
Gemeinde zur Verfügung. Sie sind aus eigenen Steuermitteln bzw. aus den
zugeteilten Mitteln des Finanzausgleichs zu finanzieren und unterliegen dadurch
nicht unerheblich den dabei auftretenden Schwankungen.
Im Rahmen des Kommunalen Finanzausgleichs ist
zum 01.01.2016 eine für die Kommunen bedeutende Veränderung eingetreten. Bisher
betrugen die Nivellierungshebesätze zur Ermittlung der gemeindlichen
Umlagekraft bei den Grundsteuern A und B jeweils 250 % und bei der
Gewerbesteuer 300 %. Das bedeutete, dass alle Realsteuereinnahmen oberhalb
dieser Nivellierungssätze bei der Berechnung der Umlagekraft außer Ansatz
blieben.
Zum 01.01.2016 wurden diese
Nivellierungshebesätze einheitlich auf 310 % angehoben. Außerdem werden 10 %
der Steuereinnahmen, die die Nivellierungshebesätze übersteigen, erstmals bei
der Umlagekraftberechnung berücksichtigt. Für den Markt Schneeberg, der derzeit
bei allen drei Realsteuern unter diesen Nivellierungssätzen liegt, bedeutet
das, dass in die Berechnung der gemeindlichen Umlagekraft Einnahmen einfließen,
welche die Gemeinde gar nicht erhalten hat und die Gemeinde somit zum Teil
Kreisumlage für nicht zugeflossene Einnahmen bezahlt.
Um eine derartige „fiktive“
Umlagefinanzierung zu vermeiden und zur nachhaltigen Mitfinanzierung der aus
den gemeindlichen Infrastrukturmaßnahmen resultierenden Folgekosten, welche
sich durch die jährlichen Inflationsraten stetig erhöhen, schlägt die Kämmerei
vor, die Realsteuerhebesätze, welche im Laufe der beiden letzten Jahrzehnte zum
Teil erheblich unter die jeweiligen Landesdurchschnittswerte abgesunken sind,
um jeweils 30 Prozentpunkte auf 330 v.H. zu erhöhen. Dies entspricht aus
finanzieller Sicht einer 10-prozentigen Erhöhung der jeweiligen Steuern und
würde nach den momentanen Haushaltszahlen der Gemeinde jährliche Mehreinnahmen
in Höhe von ca. 30.000 € einbringen.
Mit dieser Erhöhung läge der Markt Schneeberg
bei den Grundsteuern immer noch deutlich unter den Landesdurchschnittssätzen
vergleichbarer Gemeinden (Grundsteuer A: 362,7 v.H.; Grundsteuer B: 343,4 v.H.)
und landkreisweit bei allen drei Realsteuern im unteren Bereich der umliegenden
Kommunen sowie der von der Größe her vergleichbaren Kommunen.
Die Auswirkungen auf die Grundstücksbesitzer
erscheinen vertretbar. Die jährliche Steuerbelastung für ein durchschnittliches
Wohngrundstück, die sich derzeit zwischen 100 € und 150 € bewegt, würde sich um
10 – 15 € erhöhen.
Die Gewerbesteuerbelastung bei
Kapitalgesellschaften würde sich ebenfalls um 10 % erhöhen, während die
Hebesatzerhöhung Privatpersonen und Personengesellschaften aus
steuerrechtlichen Gründen keine finanziellen Nachteile bringen würde. Bis zu
einem Gewerbesteuerhebesatz von 380 v.H. entstehen Personengesellschaften keine
steuerlichen Gesamtmehrbelastungen.
Die vorgeschlagene Erhöhung der
Realsteuerhebesätze nach nunmehr mehr als 22 bzw. 37 Jahren würde insbesondere
dazu beitragen, die künftige finanzielle Mehrbelastung aus den
Schulverbandsumlagen teilweise auszugleichen und langfristig die gewohnten und
notwendigen finanziellen Spielräume im Haushalt zu erhalten.
Beschluss:
Der Marktgemeinderat beschließt, die Hebesätze für die
Grundsteuern A und B ab 01.01.2017 auf 330 v.H. des jeweiligen Messbetrages
festzusetzen.
Abstimmungsergebnis: Ja
7 Nein 5
Der Marktgemeinderat beschließt, den Hebesatz für die
Gewerbesteuer ab 01.01.2017 auf 330 v.H. des jeweiligen Messbetrages festzusetzen.
Abstimmungsergebnis: Ja
9 Nein 3
Diskussionsverlauf:
Gemeinderätin Marita Loster erklärt, dass sie bei der Gewerbesteuer einer Hebesatzerhöhung auf 330 v.H. zustimmen könne, spricht sich aber bei den Grundsteuern aufgrund der angepassten Nivellierungshebesätze lediglich für eine Erhöhung der gemeindlichen Hebesätze auf 310 v.H. aus. Sie sieht eine Ursache der vorgeschlagenen Erhöhung neben den dargestellten gemeindlichen Pflichtaufgaben auch in der Infrastrukturmaßnahme „Dorfgemeinschaftshaus Zittenfelden“, wo künftig jährliche Unterhaltungskosten auf die Gemeinde zukommen. Vorrangige Infrastrukturmaßnahmen stellen für sie aber die Wasserversorgung und Entwässerung dar. Während für freiwillige gemeindliche Maßnahmen seitens der Fachbehörden reichliche Zuschüsse fließen, finde im Bereich der Wasserversorgung und Entwässerung derzeit keine staatliche Subventionierung mehr statt, so dass die entstehenden Fehlbeträge komplett durch Beitrags- und Gebühreneinnahmen der Bürger ausgeglichen werden müssen. Auch teilt sie nicht das Argument, dass die Gemeinde mit ihren derzeitigen Realsteuerhebesätzen deutlich unter den Landesdurchschnittssätzen liegt. Die hohen Durchschnittssätze resultieren nämlich zu einem nicht unerheblichen Teil daraus, dass die Kommunen, welche Stabilisierungshilfen erhalten, durch Auflagen der Aufsichtsbehörden gezwungen sind, ihre Hebesätze deutlich anzuheben und dadurch die Durchschnittswerte unaufhörlich in die Höhe getrieben werden.
Gemeinderat Kurt Lausberger betont, dass für ihn die gemeindlichen Pflichtaufgaben im Vordergrund stehen. Er tue sich mit der Zustimmung zu einer Hebesatzerhöhung schwer, solange die Gemeinde jährlich fünfstellige Beträge für Maßnahmen anderer Kommunen zur Verfügung stellt.
Gemeinderat Speth bringt zum Ausdruck, dass in den zurückliegenden Jahren viel in die örtliche Infrastruktur investiert und dadurch Werte geschaffen wurden. Um der nächsten Generation eine Chance zu geben, müssen wir bereit sein, diese Maßnahmen zu finanzieren. Er bevorzuge aber eine Erhöhung der Hebesätze in kleineren Schritten und kürzeren Abständen.
Mehrere Gemeinderäte äußern sich ähnlich und sprechen sich für eine Erhöhung in geringerem Umfang aus, damit auf die Bürger keine zu großen finanziellen Belastungen zukommen.
Bürgermeister Kuhn erinnert daran, dass die Ansprüche der Bürger an die Gemeinde in den letzten Jahren sehr stark gestiegen sind und Gemeindekämmerer Grießer macht darauf aufmerksam, dass eine Hebesatzerhöhung insbesondere bei den Grundsteuern mit einem enormen Verwaltungsaufwand verbunden ist, da jedem der über 1000 Grundstückseigentümer ein neuer Bescheid zugestellt werden muss. Bei einer Erhöhung um lediglich 10 %-Punkte stünde der Verwaltungsaufwand nicht im Verhältnis zum Ertrag.
Gemeinderat Thomas Haas bittet abschließend darum, über die Hebesatzerhöhungen für die Grundsteuern und die Gewerbesteuer getrennt abzustimmen.